15. ZÜRCHER TRAUMATAGE -
Embodiment, Emotionen und Mensch-Sein
Daten
und 14.30 - 17.30 Uhr
Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs (DE)
Prof. Dr. Ruth Lanius (CAN)
bzw. Deutsch mit Übersetzung ins Englische
Programmaufteilung:
1. Tag, 20. Juni:
10.00 - 13.00 Uhr: Prof. Dr. Ruth Lanius
14.30 - 17.30 Uhr: Prof. Dr. Thomas Fuchs
2. Tag, 21. Juni:
10.00 - 13.00 Uhr: Dr. Peter A. Levine
14.30 - 17.30 Uhr: Prof. Dr. Ruth Lanius
3. Tag, 22. Juni:
10.00 - 13.00 Uhr: Prof. Dr. Thomas Fuchs
14.30 - 17.00 Uhr: Dr. Peter A. Levine
17.00 - 17.30 Uhr: Abschluss, Abrundung
Freitag, 20. Juni, 10.00 - 10.15 Uhr
Begrüssung
Dr. Urs Honauer, Zentrumsleitung
Freitag, 20. Juni, 10.15 - 13.00 Uhr
Entwicklungstrauma als grosse Hürde für Emotionen und Embodiment
Prof. Dr. Ruth Lanius (CAN)
Entwicklungstrauma kann einen enorm einschneidenden Effekt auf einen Menschen und seine individuellen Erfahrungen bezüglich der inneren Gefühle und der äusseren Umwelt haben. Traumatisierte Personen bleiben oft von ihren internen Körperempfindungen und -erfahrungen abgetrennt. Sie erfahren so unbewusst eine Entfremdung von sich selbst. Sowohl für positive wie auch für negative Emotionen haben sie keine Wahrnehmung. Ihr Zustand kann mit emotionaler Taubheit umschrieben werden.
Das führt dazu, dass so traumatisierte Menschen sich oft abgetrennt fühlen von dem, was um sie herum passiert. Ausserdem sind sie ungewiss darüber, wo sie sich gerade bewegen. Das wiederum führt dazu, dass sie sich unsicher und unkoordiniert fühlen – und hindert sie daran, sinnvolle Schritte zu machen und dazu passende Massnahmen zu ergreifen.
In der zweiteiligen Präsentation am ersten und dritten Tag der diesjährigen Traumatage wird die weltbekannte Trauma-Expertin aus Kanada mit den Teilnehmenden zusammen eintauchen in eine auf modernen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauende Analyse der herausfordernden Situation von Menschen ohne Zugang zur eigenen Verkörperung und den dort winkenden Emotionen.
Freitag, 20. Juni, 14.30 - 17.30 Uhr
Verkörperte Gefühle, verkörpertes Gedächtnis
Prof. Dr. Thoms Fuchs (DE)
In seinem ersten Beitrag stellt der Referent zwei zentrale Dimensionen des Embodiment vor: die verkörperten Gefühle und das verkörperte Gedächtnis. Die Forschung zur Verkörperung von Gefühlen hat gezeigt, dass körperliche Empfindungen, Haltungen und Bewegungen unsere emotionalen Reaktionen auf Situationen oder Personen ohne unser Wissen stark beeinflussen. Thomas Fuchs stellt einige dieser Forschungsresultate vor und entwirft dann ein Kreismodell zu den verkörperten Emotionen: Es beruht auf der Interaktion zwischen den affektiven Qualitäten der Situation und der leiblichen Resonanz des fühlenden Subjekts. Diese Resonanz äussert sich in Empfindungen, Ausdrucksbewegungen oder Handlungstendenzen, in denen sich Gefühl und Bewegung auf das Engste miteinander verknüpfen. Dieses Modell wird dann auf die interpersonale Situation übertragen, in der zwei verkörperte Emotionskreise miteinander resonant verbunden sind, so dass eine „zwischenleibliche“ Resonanz entsteht – die Grundlage der Empathie.
Zur Verkörperung gehört immer auch eine Geschichte von Erfahrungen, die sich in unserem verkörperten Gedächtnis oder Leibgedächtnis niedergeschlagen haben. Es umfasst alle Bereitschaften, Gewohnheiten und Fähigkeiten, die wir selbstverständlich nutzen, ohne gezielt zu überlegen oder uns zu erinnern. Dieses Leibgedächtnis tritt in verschiedenen Formen auf, die sich als sensomotorisches, situatives, emotionales, zwischenleibliches Gedächtnis, aber auch als Schmerz- und traumatisches Gedächtnis beschreiben lassen und hier im Überblick vorgestellt werden.
Samstag, 21. Juni, 10.00 - 13.00 Uhr
Die Sehnsucht der Emotionen nach Verkörperung
Dr. Peter A. Levine (USA)
Wenn wir Menschen mehr mit unserem Herzen und dem Bauch zuhören könnten statt nur mit unserem analytischen Teil, dann würden wir besser verstehen, dass unsere Emotionen sich danach sehnen, endlich gehört zu werden. Es ist bedeutsam zu verstehen, dass sich die Emotionen aus unserem Körper heraus zeigen, dass sie dort auch residieren und - ob wir es wollen oder nicht - sich dort verkörpern und Spuren hinterlassen. Sie können zwar nicht sprechen, aber sie melden sich auf anderen Kanälen. Indem wir lernen, uns mit den eigenen Emotionen zu verbinden, wenn sie sich im Lebenslauf immer wieder zeigen, werden wir mehr und mehr zu der Person, die wir wirklich sind. In vielen Situationen, insbesondere in Beziehungen, pflegen wir dann ein ganz anderes Mensch-Sein.
Samstag, 21. Juni, 14.30 - 17.30 Uhr
Innere Empfindungen entdecken lernen
Prof. Dr. Ruth Lanius (CAN)
Die essenziellen Herausforderungen von Entwicklungstrauma werden von Prof. Ruth Lanius am ersten Tag in grosser Exaktheit und Tiefe herausgeschält. Darauf aufbauend zeigt die Referentin am zweiten Tag in ihrem inspirierenden Beitrag Wege auf, wie aus ihrem Erfahrungshintergrund heraus die betroffenen Menschen dabei unterstützt werden können, ihre inneren Empfindungen zu entdecken oder auch nach langen Sendepausen wiederzufinden – was eine Bedingung dafür ist, um sich als aktive und engagierte Person in der Welt zu bewegen, bedeutsame Verbindungen mit anderen Leuten einzugehen und sich im jetzigen Moment lebendig und ganz zu fühlen. Das eigene Mensch-Sein kann so in neuer Fülle erlebt werden.
Sonntag, 22. Juni, 10.00 - 13.00 Uhr
Das Trauma als leibliche Grenzsituation
Prof. Dr. Thomas Fuchs (DE)
Als Grenzsituationen bezeichnet der Philosoph Karl Jaspers Erfahrungen, die unser bisher gültiges Welt- und Selbstbild grundlegend in Frage stellen und uns so vor einen Abgrund der Existenz bringen. Das Trauma stellt in diesem Sinn ein Ereignis dar, das sich nicht fliessend aneignen und in einen Sinnzusammenhang des bisherigen Lebens integrieren lässt – sondern unser Mensch-Sein massiv verändert. Das Eindringen des Fremden in den eigenen Körper, die Erfahrung der Ohnmacht und Ausgeliefertheit können das Urvertrauen in die Welt irreversibel erschüttern. So bleiben die Betroffenen gezeichnet von der leiblichen Grenzerfahrung, der sie ausgesetzt waren und die sie nicht verdauen konnten. Wie diese Grenzsituationen gleichwohl auf lange Sicht wieder in das Leben integriert werden können, stellt die zentrale Frage für die Traumatherapie dar.
Sonntag, 22. Juni, 14.30 - 17.30 Uhr
Vitalität, Lebendigkeit und Freude
Dr. Peter A. Levine (USA
„Es gibt eine Stimme,
die keine Worte benutzt. Höre.»
- Rumi
Trauma schliesst den Verlust der Beziehung zu einem authentischen, spontanen Selbst ebenso ein wie unser grundlegendes Gefühl von Gerechtigkeit und Zugehörigkeit zur Welt. Wenn wir uns auf das einlassen, was uns einst überwältigt und einseitig geprägt hat, stossen wir auf somatische und emotionale Blockaden. Die Aufarbeitung des Erlebten führt bei einer einfühlsamen Begleitung zu Momenten von tiefer Berührung, Freude, Glück und Zufriedenheit. Können diese speziellen Erfahrungen mehr und mehr integriert werden, richtet sich die Person zunehmend stärker auf Vitalität und Lebendigkeit aus. Sich wieder einzulassen auf das gemeinsame Erleben von Herzenswärme, Freude und Aufregung ist ein Schlüssel für einen tiefgründigen Wandel. Nur wenn das bewusst angestrebt und gepflegt wird, ist aus Sicht des SE-Pioniers Trauma-Arbeit wirklich wertvoll. Für diese wichtige Neuausrichtung des eigenen Mensch-Seins braucht es den Fokus auf das "Bottom-Up"-Prinzip, in dem Stammhirn und Kleinhirn eine zentrale Rolle übernehmen. Selbstwahrnehmung ist für Peter A. Levine eine unmittelbare Funktion des optimierten Zusammenspiels elementarster Empfindungen, Bewegungen, Emotionen und Gefühle. In Anlehnung an Erich Fromm geht es ihm um die volle Gewahrwerdung des eigenen Selbst.
Wir müssen hinuntersteigen zu
den tiefsten Wurzeln des Lebens.
Jedes lediglich oberflächliche Ordnen
des Lebens, das seine tiefsten Bedürfnisse
unbefriedigt zurücklässt, ist derart belanglos -
wie wenn gar kein Versuch des Ordnens
gemacht worden wäre …
--Das I Ging Hexagram # 34 “Die Heilquelle”
(das Chinesische Buch des Wandels, zirka 2,500 vor Christus)
Dr. Peter A. Levine
Dr. Peter A. Levine hat seit 50 Jahren die menschlichen Reaktionen auf Stress und Trauma intensiv studiert und daraus sein Lebenswerk SOMATIC EXPERIENCING (SE) kreiert. Er gilt als weltweit führender Fachmann im Bereich der somatisch ausgerichteten Traumalehre. Er studierte in Berkeley und promovierte in medizinischer Biophysik und in Psychologie. Später war er war Berater für die NASA …
Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs
Thomas Fuchs, Prof. Dr. med. Dr. phil., Psychiater und Philosoph, lehrt als Karl-Jaspers-Professor für philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Er ist Leiter der Sektion Phänomenologische Psychopathologie und Psychotherapie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Er ist zudem Herausgeber der Zeitschrift „Psychopathology“ und …
Prof. Dr. Ruth Lanius
Ruth Lanius, MD, Ph.D., Professorin für Psychiatrie, ist Leiterin der Forschungsabteilung für posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) an der University of Western Ontario. Sie gründete den Traumatic Stress Service und das Traumatic Stress Service Workplace Program, die sich auf die Behandlung und Erforschung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und damit zusammenhängender …
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